Meine Rede zur 1. Tagung des 15. Landesparteitags
Wo kommen wir her?
Wo wollen wir hin?
Was wollen wir dafür tun?
Das sind wichtige Fragen, auf die wir überzeugendeAntworten geben müssen – das müssen wir uns bewusst machen. Vor allem hier, im Osten, ist die Suche danach, und nach Antworten, keine leichte. Auch und vor allem nach den letzten Wahlen. Es ist komplex.
Und dennoch hat sich eines ganz deutlich gezeigt: Je idyllischer die Landschaft desto zorniger, desto wütender, die Menschen. Dass es auch zornige Menschen in den Städten gab, wurde auch offensichtlich. Aber — Sachsen ist und bleibt ein Flächenland. Damit also ziemlich viel Idylle. Damit ziemlich viel Zorn. Jede und jeder von euch hat das an Infoständen, auf der Straße, bei Telefonaten oder in den BürgerInnenbüros spüren müssen.
Und wir wissen eines: nämlich, dass Zorn und Wut keine guten Ratgeber sind. Aber wir müssen ebenso festhalten: Wir hatten dem kaum etwas entgegen zu setzen.
Seit Jahren findet eine zunehmende gesellschaftliche Polarisierung statt. Zunächst wirtschaftlich und demografisch, äußert sie sich jetzt mit geballter Kraft politisch. Zwei Welten, die nicht mehr zusammenpassen wollen und können.
Stadt und Land, jung und alt, florierend und abgehängt. Diese zwei Welten finden sich bereits im Kleinen wieder. Egal, wo man hinsieht, tiefe Gräben, die sich durch Familien, durch Freundschaften ziehen. Gar durch einen selbst. Allzu oft werden diese Diskussionen im eigentlichen Schutz der vier Wände zu einer Zerreißprobe.
Nun — Was bedeutet das für uns?
Entspanntes Zurücklehnen ist mit Sicherheit gerade nicht angesagt. Unser Wahlprogramm heißt ja auch nicht „Stehen bleiben und Zusammenhalt“. Nun will ich hier nicht über Bewegungen reden.
Aber auch wir müssen aufhören, nur zu konstatieren und müssen den entscheidenden Schritt über die Analyse hinaus wagen. Gesellschaftlich ist doch gerade was in Bewegung. Und wir sind eben nicht nur das Publikum im Theater. Wir müssen rauf auf die Bühne. Deshalb ist unser Wahlprogramm so richtig und so wichtig. Das sollten wir intus haben. Es zeigt eine Idee von einer Gesellschaft und mit welchen ersten Schritten wir auf dem Weg dorthin beginnen wollen.
Dazu gehört ein völlig neues Verständnis von Fortschritt. Fortschritt in allen Bereichen. Also eine zeitgemäße Auffassung von Bildung, Gesundheit, Kultur, Wissenschaft und natürlich Wirtschaft – den ökonomischen Grundlagen.
Wir haben deutlich formuliert, wofür wir hier stehen. Dazu gehört die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe, ein gerechtes Steuer- und Abgabensystem, Unterstützung bei der Nachfolge von Betrieben, Vereinfachung von Fördermitteln und und und.
Im Hintergrund verbirgt sich für mich die große Idee der Freiheit. Aber: Freiheit für Alle, nicht nur für wenige. Und in all ihren Dimensionen: Meinungsfreiheit. Bewegungsfreiheit. Finanzielle Freiheit der Kommunen. Freiheit schaffen durchinstitutionalisierte Solidarität, für diejenigen, die benachteiligt sind oder werden oder sonst in Not geraten. Individuelle Freiheit braucht soziale Verantwortung und Demokratie.
Und deswegen: Was stünde uns denn gut zu Gesicht?
Wir werden streiten und diskutieren müssen. Ohne Wut. Wir werden um Kompromisse ringen müssen. Ohne Zorn. Allein der Mittelfinger und Schilder reichen nicht. Verschaffen wir den Leuten wieder ein Gefühl hierbleiben zu wollen. Die Gewissheit hierbleiben zu können. Die Gewissheit dafür können wir liefern. Und wir müssen liefern.